… sechs Fragen an: Niels Jansen (Jahrgang 2017)

📣 Was hat Dich dazu bewegt, Zukunftsforschung zu studieren, und welche Schwerpunkte hast Du in Deinem Studium verfolgt?

Auf Zukunftsforschung und den Studiengang aufmerksam geworden bin ich über meine Frau. Sie hatte einen Foresight-Kurs der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) belegt und das fand ich sehr spannend. Im Studium orientierte ich mich zum einen an meinen vorigen Schwerpunkten, zum Beispiel Politik und Gesellschaft, da ich zuvor Politikwissenschaften studiert hatte, und möglichen Leerstellen, weswegen ich die Seminare zu kritischer Zukunftsforschung sehr spannend und bereichernd fand.

📣 An welchen Themen und mit welchen Methoden (aus Zukunftsforschung) arbeitest Du in Deiner aktuellen Position?

Das ist eine bunte Mischung. Zum einen arbeite ich viel mit klassischen Szenariomethoden, Zukunftswerkstätten, aber auch mit dem Konzept der Futures Literacy. Wir verwenden die Methoden selten in Reinform, sondern adaptieren sie immer je nach Publikum und den jeweiligen Zielgruppen. Darüber hinaus verknüpfen wir auch Methoden der Zukunftsforschung mit Ansätzen des Design Thinking, zum Beispiel die Causal Layered Analysis (CLA) oder Szenarien mit Personas, um in die Zukunftsbilder hineinzoomen und herauszufinden, was angenehme und weniger angenehme Aspekte in den Szenarien sind. Es sind Randbereiche, die überlappen: Methoden der Zukunftsforschung mit beispielsweise diskursivem und spekulativem Design. Im Team arbeite ich dementsprechend mit Kolleg:innen zusammen, die aus anderen Disziplinen kommen, wie der Psychologie oder dem Industriedesign.
Generell arbeite ich zur Konzeption von Projekten und Workshops gerne mit dem Handbuch: Öffentliches Gestalten vom CityLAB Berlin und dem DIY-Handbuch von Nesta. Und eine Sache, die mich grundsätzlich umtreibt, ist die Frage, wie wir als Zukunftsforschende Impact erzielen können. Das heißt, wie können wir neben der reinen Vorausschau sicherstellen, dass die Ergebnisse auch in Handlungen überführt werden. Dafür gibt es sicherlich kein Patentrezept, aber mir hilft der strategische Dreiklang, den wir auch beim Ellery Studio verwenden: Antizipieren, verstehen, handeln.

📣 Was machst Du gerne, wenn Du nicht an Zukünften arbeitest?

Das ist eine etwas schwierige Frage! Neben der Zeit, die ich mit meiner Frau und unseren zwei Kindern verbringe, ist Lesen sicherlich ein Punkt. Meine heimliche Agenda ist, jede Woche ein Buch zu lesen – und es ist selten Belletristik dabei. Es geht zwar nicht immer um konkrete Aspekte der Zukunftsforschung, aber es gibt viele Überschneidungen. In letzter Zeit habe ich häufiger Bücher zu alternativen Ökonomiekonzepten gelesen und zu Kunstvermittlung, weil eine Freundin Professorin für Kunstvermittlung ist und hier gewisse Anknüpfungspunkte zu meiner Arbeit bestehen. Science Fiction gehört sicherlich ebenfalls auf die Liste. Meine drei Leseempfehlungen (und eine Hörempfehlung) sind:
a) Triggerpunkte. Steffen Mau, Thomas Lux, Linus Westheuser
b) Ungleich vereint. Steffen Mau
c) A few Rules for Predicting the Future: An Essay. Octavia E. Butler
d) Futures Histories Podcast

📣 Wann fängt für Dich die Zukunft an?

Das ist ein sehr fließendes Konstrukt. Genauso, wie die Gegenwart niemals ist, beziehungsweise immer schon gewesen ist, gibt es für den Beginn der Zukunft keine klaren Stichpunkte. Ich finde, das Zukünftedreieck macht das deutlich: Die Vergangenheit beeinflusst auch immer die Zukunft. Ich glaube, da kann schwerlich eine klare Linie gezogen werden. Ein Zitat von William Gibson, was mir dazu einfällt, ist: “Die Zukunft ist schon da, sie ist nur noch nicht gleichmäßig verteilt.”

📣 Welche Zukunftsbilder hast Du für die deutsche Zukunftsforschung vor Augen?

Wenn wir in die Gegenwart und die Vergangenheit der Zukunftsforschung schauen, dann gibt es dieses Aufeinanderprallen unterschiedlicher Ideen und Vorstellungen, ob Zukunftsforschung wissenschaftlich oder stärker praxisorientiert betrieben werden soll. Diese Pole stehen sich manchmal etwas unversöhnlich gegenüber. Ein Zukunftsbild ist, dass sich diese Spaltung weiter fortführt und sich zwei Stränge entwickeln, die sich nicht immer freundlich gesinnt sind. Ein anderes Zukunftsbild wäre, Energie zu investieren und diese beiden Pole miteinander zu vereinen. Für mich wäre das eine wünschenswerte Zukunft – Dogmatismen überwinden und offen, mit gegenseitigem Respekt und Achtung vor den jeweiligen Stoßrichtungen miteinander umgehen. Ich bin gespannt zu sehen, ob sich die unterschiedlichen Bereiche, für die letztlich drei unterschiedliche Begriffe verwendet werden müssen – “Zukunftsforschung” im zivilgesellschaftlichen Kontext, “Foresight” im unternehmerischen und “strategische Vorausschau” im politischen – weiter ausdifferenzieren oder zusammenwachsen. Ebenfalls für mich spannend zu beobachten, wie Zukunftsforschung auf wissenschaftlicher Seite, aber auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und inwieweit eine Institutionalisierung zustande kommt. Bleibt die Zukunftsforschung im universitären Umfeld in einer Art Gegenwartsbewältigung gefangen oder schafft es dieses kleine Fach sich zu stabilisieren und weiterzuentwickeln?

📣 An welchen Projekten arbeitest Du gerade?

Ein aktuelles Projekt, welches ich die letzten zwei Jahre begleitet habe, ist für das rheinische Tagebaurevier Inden. Garzweiler und Hambach kennen sicherlich viele. Inden wird 2030 ausgekohlt sein und der ehemalige Tagebau soll in einen See umgewandelt werden. Für das Jahr 2060 haben wir narrative Szenarien erstellt und viele Interviews, Zukunftswerkstätten und weitere Workshops durchgeführt. Das Projekt befindet sich in der Finalisierung und letzte Woche durfte ich den Andruck der Ergebnisse begleiten. Das war eine schöne Erfahrung.
Ein weiteres Projekt läuft in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Mit dem Fokus auf das Generieren von Handlungswissen gehen wir hier der Frage nach, wie Akut- und Langzeitpflege arbeitsorganisatorisch resilienter für zukünftige Pandemiesituationen aufgestellt werden kann. Für dieses Projekt arbeiten wir mit vielen Praktiker:innen, Menschen aus dem Katastrophenschutz, Wissenschaftler:innen, Vertreter:innen der Landesministerien und Mitarbeiter:innen des Robert Koch Instituts (RKI) zusammen.

Falls Ihr mehr zu den Projekten lesen möchtet:
Hier geht es zum Projekt Szenarien Indeland 2060 und hier zu der Projektseite des BAuA.

Ihr könnt Niels über LinkedIn oder direkt per E-Mail, niels@ellerystudio.com, erreichen.

Reminder an das Camp ohne David – aber mit Euch!

In unserem letzten Newsletter haben wir das Offsite in Cottbus bereits angekündigt. Unser Offsite bietet die Chance, eigene Methoden auszuprobieren und andere zu erfahren.

Wir wissen, es ist Sommerloch. Da aber viele von Euch ein Interesse an Austausch haben, haben wir uns ins Zeug gelegt, es möglich zu machen. Jetzt fehlen uns nur noch die Anmeldungen. 

Termin: Freitag bis Sonntag, 13.-15. September 2024

Ihr könnt auch entspannt am Freitagnachmittag anreisen. Wir haben genug Platz und es gibt bereits erste Anmeldungen sowie Freiwillige die Programmpunkte gestalten möchten. Ein erster Vorschlag zum Ausprobieren und Lernen ist Lego Serious Play. Wer ist dabei und möchte etwas mitbringen? Wir freuen uns auf Euch!  

Hier eine kleine Agenda:

Freitag Abend: Gemütliches Ankommen mit Grillen und Lagerfeuer

Samstag:
Vormittags Methoden Snack: 2-3 Methoden zum ausprobieren
Business Theater & Lego Serious Play

dann gemeinsames Paddeln im Spreewald.

Abends: Gemeinsames veganes Kochen & Cocktails
Debating Futures & Abends (Powerpoint Karaoke)

Sonntag: 

Vormittags: Methoden Snack: 2-3 Methoden zum ausprobieren

Ausflug zum Ostsee 

Nachmittags: Envisioning Kapitel 21 – Wohin geht die Reise

Mitmachen: Ihr gestaltet die Agenda. Teilt uns mit, worauf Ihr Lust habt und was Ihr inhaltlich beisteuern könnt und möchtet. Ihr habt zum Wochenende Fragen? Dann stellt Eure Fragen gern live. Am 26.08.24 haben wir um 18:00 Uhr einen kurzen Infotermin. Den Termin schicken wir noch einmal separat. Hier ist der Einwahllink

Unterkunft und Verpflegung: Es gibt 3 Wohnungen mit 3 Bädern und 16 Schlafplätzen sowie im Garten zusätzlichen Raum für Zelte, Isomatten und Schlafsäcke. Wir verpflegen uns gemeinsam. Ein Grill ist vorhanden und genügend Kochtalent sicher unter uns. 

Unterkunftskosten fallen nicht an. Wir sammeln lediglich eine Unkostenpauschale
(15 € pro Person) für Verpflegung und Reinigung ein.

Ort: Cottbus / Vogelsiedlung Striesower Weg 74

Mitgliederversammlung des Netzwerk Zukunftsforschung 

Unser Partner Netzwerk Zukunftsforschung lädt ganz herzlich zur diesjährigen Mitgliederversammlung ein.

Wann? Am 26. und 27. September 2024

Wo? Im Fraunhofer FKIE in Bonn.

Da viele Kapitel Mitglieder in beiden Netzwerken aktiv sind, ist hier eine Erinnerung. Wir vom Kapitel 21 werden auch vor Ort sein. Weiterführende Infos findet Ihr hier.

HOLITOPIA Festival for Arts and Futures findet vom 20. bis 22. September auf dem Campus Wilhelminenhof der HTW Berlin statt!

HOLITOPIA ist ein neues Festival, das sich durch Design und kreative Disziplinen Zukünften widmet. Erlebt eine inspirierende Mischung aus Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Künstlergesprächen, Workshops, Performances und Musikdarbietungen im Rahmen einer Indoor- und Outdoor-Ausstellung entlang der Spree.

HOLITOPIA bietet eine einzigartige Plattform, um systemische Veränderungen zu diskutieren und zu gestalten und alternative Zukünfte durch Kunst, Design und Architektur zu erkunden:

ZUKÜNFTE ZUM SEHEN UND ANFASSEN!

Du bist Student:in und willst im HOLITOPIA Festival richtig versinken – und das völlig kostenlos? Wir schenken Dir Dein Ticket! Alles, was Du tun musst: Erlebe das Festival hautnah und erzähle uns in einem kurzen Bericht, wie es aus Deiner Sicht war. Klingt gut? Dann schreib uns einfach eine Email und sei dabei!

Reguläre Tickets gibt es hier. 

Mehr über das Programm und die internationalen Expert:innen, Praktiker:innen, Theoretiker:inner, Macher:innen und Visionär:innen erfahrt Ihr hier. 

HOLITOPIA ist eine Initiative des re:future lab – gegründet von Madeleine Schwinge in Berlin.

LABOR.A

Die LABOR.A® ist die hybride Konferenz der Hans-Böckler-Stiftung zur Zukunft der Arbeit.

Seid dabei, wenn die LABOR.A® 2024 am 19. September im Berliner Cafe Moskau und online unter dem Motto „fill_the_gap“ die Türen öffnet. Die Anmeldung ist kostenlos. Mehr Infos findet Ihr hier.

…Zukunftsforscherinnen?

Das Netzwerk Zukunftsforscherin.de wurde 2020 von sieben Zukunftsforschungs-Studentinnen ins Leben gerufen, um sich für mehr Sichtbarkeit und Vernetzung von Zukunftsforscherinnen einzusetzen. Inzwischen stellen sich über 50 Zukunftsforscherinnen auf der Website vor. Das Netzwerk organisierte bislang zweimal den „Tag der Zukunftsforscherinnen*“ live und und in Farbe im Ellery Studio in Berlin sowie etliche online Netzwerktreffen mit spannenden Inputs und Raum für Austausch und Begegnung.

Mitmachen:
Du bist Zukunftsforscherin und möchtest dein Profil auf der Seite der Zukunftsforscherinnen veröffentlichen?
Du möchtest informiert werden, wenn die Zukunftsforscherinnen Veranstaltungen organisieren?
Du hast Lust, ein Netzwerk-Event (mit) zu organisieren oder dort einen Input zu geben? Dann schreib eine Email and das Netzwerk!